Samstag, 22. Januar 2011

Camera-Shooting (Satire)

Ein neuer, nahezu noch vollkommen unbekannter Sport, ist das „Camera-Shooting“.  Dabei handelt es sich keineswegs, wie manch einer glauben möchte, um das Handwerk von Kameraleuten aus der Filmbranche.  Obwohl man unbedingt beachten sollte das die Aufnahmen der Kameras nicht vernachlässigt werden dürfen.  Vielmehr handelt es sich um eine urbane Sportart die man in Städten wie Berlin, Frankfurt, München oder anderen Großstädten nachgehen kann.  Man benötigt dazu ein Gewehr mit einer großen Tragweite, und eine Munition mit einer guten Durchschlagskraft.  Dabei sollte die Waffe klein und handlich sein, oder zerlegbar damit man sie schnell nach einem Einsatz verschwinden lassen kann.  Ziele, also Kameras, gibt es in Großstädten zuhauf.  Ein aufmerksamer Sportschütze wird sie überall finden.

Doch nun zum Ablauf: Wie bei der Jagd hängt der treffsichere Schuss von der Kunst des Pirschens ab.  Während man im Wald oder auf der Prärie auf Windrichtung und Geräuschvermeidung achten muss, um das Ziel nicht zu verschrecken, so ist es beim „Camera-Shooting“ anders gelagert.  Hier muss man vor allem darauf achten von seiner Umgebung nicht gesehen zu werden, und vor allem nicht vom Auge der Kamera.  Der sportliche Reiz liegt allerdings darin, dass man einen Weg findet direkt von vorn in die Kamera zu schießen.  Es kommt also beim „Camera-Shooting“ auf die perfekte Tarnung an.  Punktabzüge gibt es wenn der Sportschütze durch eine Scheibe schießt, also nicht im gleichen Raum ist wie die zu erlegende Kamera, oder wenn der Schuss durch Fernbedienung ausgelöst wird (wie unsportlich).  Disqualifiziert wird man, wenn man die Kamera manipuliert, etwa durch infrarotes Licht oder durchtrennen der Stromkabel.  Erlaubt ist es allerdings einen Schalldämpfer zu benutzen.  Denn die Kameras befinden sich im öffentlichen Raum, und da ist es zu beachten eine Panik unbedingt zu vermeiden.
Der Nachteil bei diesem Sport ist, dass man keine Medallie oder andere Auszeichnung gewinnen kann.  Man kann dabei nur verlieren.  Entweder man erlegt ein Ziel und kann sich unerkannt aus dem Staub machen, oder man wird festgenommen und muss sich einer Bestrafung unterwerfen.  Daher rate ich von diesem Sport unbedingt ab wenn man nicht zufällig ein ausgezeichneter Schütze, Jäger oder Waffenkenner ist der den besonderen „Kick“ zum Leben benötigt.  Bei dem Überangebot an Zielen (übrigens auch in kleineren Städten) und der Leichtigkeit wie man sich heutzutage eine Waffe besorgen kann, kann ich verstehen das die Versuchung einen großen Reiz ausübt.  Daher ist es zu empfehlen in Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen und evtl. schon in Kitas Präventivmaßnahmen anzubieten noch bevor der Sport zu einer populären Aktivität ausreift.  Die gesündeste Präventivmaßnahme wäre sicherlich die Kameras abzubauen und alle Waffen aus der Welt zu entfernen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Qualitätswein

Bei einer Haushaltsauflösung habe ich einmal einige Flaschen Wein abgestaubt.  Ich gestehe: Von Wein habe ich keine Ahnung.  Er schmeckt  –  oder eben nicht.  Und ich trinke so gut wie nie Alkohol, habe aber doch so eine kleine Affinittät zu einem guten Tropfen.  Wie dumm das ich den nicht erkennen kann.  Also die Haushaltsauflösung ist ungefähr schon fünf bis acht Jahre her.  Den Wein habe ich ohne besondere Rücksicht gelagert, oder sagen wir weg gestellt.  Eine Zeitlang stand er bei mir auf der Baustelle in einem Plastikeimer den Temperaturen im Verlauf der Jahreszeiten ausgesetzt.  Dann lud ich Gäste ein um den Wein, Schnaps war auch dabei, zu verkosten.  Den Orangenlikör haben wir geschafft.  Ruckzuck waren wir betüttelt.  Der Rausch hielt allerdings nur wenige Stunden.  Bis zum Wein sind wir gar nicht gekommen.  Dann haben die Flaschen zwei oder drei Jahre auf dem Balkon gestanden.  Wieder allen Temperaturschwankungen ausgesetzt.  Eine Flasche habe ich dann mal für ein Fischgericht verkocht.  Und heute habe ich eine Flasche zum trinken aufgemacht.  Ich hatte mich schon gewundert das die Flaschen diesen Winter auf dem Balkon nicht kaputt gefroren sind.
Nun ist es schon ein besonderer Moment so eine Flasche zu öffnen.  Der Korken ist noch mit einer Plastikfolien überzogen.  Tadellos!  Nachdem ich die Kappe abgeschnitten habe stelle ich fest das der Korken noch gut elastisch ist.  Zwischen Folie und Korken ist zwar eine dünne Schicht Korkgriesel, aber nur sehr wenig.  Der Korkenzieher lässt sich ganz leicht hineindrehen.  Das ist ja immer so eine Sache mit alten Korken, halten sie noch oder zerbröseln sie einfach wie Sand.  Dieser ist noch durchgängig weich und fest.  Dann hebele ich den Korken heraus.  Jetzt kann es passieren das am Flaschenrand der Kork so fest sitzt, dass er nicht hochrutscht sondern zerreißt.  Dieser nicht.  Wie geölt flutscht er heraus.  Im unteren Drittel ist er rumherum feucht.  Das ist ein Hinweis darauf das er gut zugehalten hat.  Er riecht nach Wein und kein bisschen faulig.  Er ist auch nicht so durchweicht das er auseinander fällt.  Die Zahlen, die auf dem Korken gedruckt sind, kann ich bestens lesen, sagen mir aber nichts.  Jetzt wische ich die wenigen kleine Krümel aus den Flaschenhals und schenke ein.
Die Farbe überrascht mich.  Der Wein ist gelb wie Sonnenblumenöl.  Und wenn ich mich nicht täusche dann fließt er auch etwas dichter als ich es von einem Frascati erwartet hätte.  Dies ist kein Frascati, dies ist ein deutscher Qualitätswein.  Das Etikett ist leider schon weg.  Auf der einen Halsbanderole steht 1976er und ein buntes Wappen.  In kleiner Schrift ist noch „Caesar 13118“ gedruckt.  Sagt mir nix.  Auf einem Aufkleber etwas darunter steht „Qualitätswein mit Prädikat“.  Na wenn das so ist dann wacker einen Schluck probiert!  Ach vorher möchte ich noch erwähnen das der Wein ganz klar ist und am Boden der Flasche keinerlei Ablagerungen oder Kristalle liegen.  Sonst wäre ich bestimmt etwas vorsichtiger gewesen.  Also nun der erste Schluck.  –  In meinem Fall treffen Erwartung und Unwissen aufeinander.  Ich bin völlig unerfahren im Wein verkosten.  Dieser hier hat aber einige Nuancen die selbst ich unterscheiden kann.  Jeder Wein ist mehr oder weniger sauer.  Dieser auch.  Doch hier kommt es mir vor als würde der saure Geschmack nicht lange halten, quasi verfliegen.  Denn es breitet sich eine schwere Süße aus die aber nicht lange vorhält und auch verklingt genauso wie die Säure.  Da ich nicht viel Alkohol trinke spüre ich sofort die Wirkung.  Es ist als würde sich ein ätherischer Nebel  in meinem Kopf schnell ausbreiten.  Er zieht über die Wangenknochen um die Augen und ist schon verdunstet bevor er die Stirn erreicht.  Mittlerweile nippe ich seit einer knappen Stunde an dem Wein und ich werde nicht betrunkener.  Im Kopf völlig klar aber physisch etwas aktiviert.  Der Fruchtgeschmack tendiert ehr in Richtung Saft.  Eine bestimmte Traube kann ich sowieso nicht heraus schmecken.  Ich bezweifle aber auch, dass ein Weinkenner dazu noch im Stande wäre.  In diesem Fall war es wohl kein guter Lagerwein.  Die 34 Jahre haben ihm nicht zu einer überzeugenden Reife verholfen.  Von Qualitätswein zum Saft ist ehr ein Abstieg.  Prost!