Sonntag, 9. Januar 2011

Qualitätswein

Bei einer Haushaltsauflösung habe ich einmal einige Flaschen Wein abgestaubt.  Ich gestehe: Von Wein habe ich keine Ahnung.  Er schmeckt  –  oder eben nicht.  Und ich trinke so gut wie nie Alkohol, habe aber doch so eine kleine Affinittät zu einem guten Tropfen.  Wie dumm das ich den nicht erkennen kann.  Also die Haushaltsauflösung ist ungefähr schon fünf bis acht Jahre her.  Den Wein habe ich ohne besondere Rücksicht gelagert, oder sagen wir weg gestellt.  Eine Zeitlang stand er bei mir auf der Baustelle in einem Plastikeimer den Temperaturen im Verlauf der Jahreszeiten ausgesetzt.  Dann lud ich Gäste ein um den Wein, Schnaps war auch dabei, zu verkosten.  Den Orangenlikör haben wir geschafft.  Ruckzuck waren wir betüttelt.  Der Rausch hielt allerdings nur wenige Stunden.  Bis zum Wein sind wir gar nicht gekommen.  Dann haben die Flaschen zwei oder drei Jahre auf dem Balkon gestanden.  Wieder allen Temperaturschwankungen ausgesetzt.  Eine Flasche habe ich dann mal für ein Fischgericht verkocht.  Und heute habe ich eine Flasche zum trinken aufgemacht.  Ich hatte mich schon gewundert das die Flaschen diesen Winter auf dem Balkon nicht kaputt gefroren sind.
Nun ist es schon ein besonderer Moment so eine Flasche zu öffnen.  Der Korken ist noch mit einer Plastikfolien überzogen.  Tadellos!  Nachdem ich die Kappe abgeschnitten habe stelle ich fest das der Korken noch gut elastisch ist.  Zwischen Folie und Korken ist zwar eine dünne Schicht Korkgriesel, aber nur sehr wenig.  Der Korkenzieher lässt sich ganz leicht hineindrehen.  Das ist ja immer so eine Sache mit alten Korken, halten sie noch oder zerbröseln sie einfach wie Sand.  Dieser ist noch durchgängig weich und fest.  Dann hebele ich den Korken heraus.  Jetzt kann es passieren das am Flaschenrand der Kork so fest sitzt, dass er nicht hochrutscht sondern zerreißt.  Dieser nicht.  Wie geölt flutscht er heraus.  Im unteren Drittel ist er rumherum feucht.  Das ist ein Hinweis darauf das er gut zugehalten hat.  Er riecht nach Wein und kein bisschen faulig.  Er ist auch nicht so durchweicht das er auseinander fällt.  Die Zahlen, die auf dem Korken gedruckt sind, kann ich bestens lesen, sagen mir aber nichts.  Jetzt wische ich die wenigen kleine Krümel aus den Flaschenhals und schenke ein.
Die Farbe überrascht mich.  Der Wein ist gelb wie Sonnenblumenöl.  Und wenn ich mich nicht täusche dann fließt er auch etwas dichter als ich es von einem Frascati erwartet hätte.  Dies ist kein Frascati, dies ist ein deutscher Qualitätswein.  Das Etikett ist leider schon weg.  Auf der einen Halsbanderole steht 1976er und ein buntes Wappen.  In kleiner Schrift ist noch „Caesar 13118“ gedruckt.  Sagt mir nix.  Auf einem Aufkleber etwas darunter steht „Qualitätswein mit Prädikat“.  Na wenn das so ist dann wacker einen Schluck probiert!  Ach vorher möchte ich noch erwähnen das der Wein ganz klar ist und am Boden der Flasche keinerlei Ablagerungen oder Kristalle liegen.  Sonst wäre ich bestimmt etwas vorsichtiger gewesen.  Also nun der erste Schluck.  –  In meinem Fall treffen Erwartung und Unwissen aufeinander.  Ich bin völlig unerfahren im Wein verkosten.  Dieser hier hat aber einige Nuancen die selbst ich unterscheiden kann.  Jeder Wein ist mehr oder weniger sauer.  Dieser auch.  Doch hier kommt es mir vor als würde der saure Geschmack nicht lange halten, quasi verfliegen.  Denn es breitet sich eine schwere Süße aus die aber nicht lange vorhält und auch verklingt genauso wie die Säure.  Da ich nicht viel Alkohol trinke spüre ich sofort die Wirkung.  Es ist als würde sich ein ätherischer Nebel  in meinem Kopf schnell ausbreiten.  Er zieht über die Wangenknochen um die Augen und ist schon verdunstet bevor er die Stirn erreicht.  Mittlerweile nippe ich seit einer knappen Stunde an dem Wein und ich werde nicht betrunkener.  Im Kopf völlig klar aber physisch etwas aktiviert.  Der Fruchtgeschmack tendiert ehr in Richtung Saft.  Eine bestimmte Traube kann ich sowieso nicht heraus schmecken.  Ich bezweifle aber auch, dass ein Weinkenner dazu noch im Stande wäre.  In diesem Fall war es wohl kein guter Lagerwein.  Die 34 Jahre haben ihm nicht zu einer überzeugenden Reife verholfen.  Von Qualitätswein zum Saft ist ehr ein Abstieg.  Prost!

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