(In der zuvielisierten Welt) Ich gehöre zu den Autoren die sich jeden Tag an die Arbeit quälen. Morgens ist die Welt nicht in Ordnung. Ich benötige, um ehrlich zu sein, den ganzen Tag um sie wieder zu ordnen. Zwei Stunden benötige ich um überhaupt in einen Zustand zu gelangen, den man „kreativ“ bezeichnen kann. Zwei lang sich dahin ziehende Stunden. Eine Ewigkeit, in der ich mich überrede wieder mitzumachen im Land der unendlichen Verwicklungen und Ungerechtigkeiten.
Als Freischaffender kann ich mir den Tag selber einteilen. Das endet gewöhnlich mit einer strukturlosen Aneinanderreihung verschiedener Aufgaben, in deren Wichtigkeit zu unterscheiden ich mir keine Mühe gebe. In den ersten zwei Stunden des Tages die in loser Folge von Morgentoilette, mehr oder minder intensiv, ersten Kaffee, Zeitung, Buch oder Skripte lesen, aus dem Fenster starren und das Wetter einschätzen, eine DVD anschauen, Nachrichten hören und anderen Nebensächlichkeiten, unterbrochen werden, werde ich wach. Eine gefährliche Entwicklung die ich vorsichtig aufbauen muss. Mit dem allmählichen Erwachen fallen mir die Dinge ein, die ich am Vortag nicht erledigt habe. Addiere ich die zu denen, die für den aktuellen Tag anstehen, kann ich schon gleich kapitulieren. Aber ich kann mir meine Zeit ja frei einteilen, was natürlich nur eine erbärmliche Selbstbeschummelung ist. Also gaukle ich mir vor, es gäbe wichtige und weniger wichtige Aufgaben. Die weniger wichtigen stehen am Ende des Tages oder irgendwann zwischendrin. „Irgendwann zwischendrin“ ist ein Synonym für „Keine Ahnung wann ich das mache“. Die anderen Aufgaben erscheinen mir so viel, dass ich in der Befürchtung sie nie zu schaffen, aus meinem Gedächtnis verdränge, zumindest solang bis ich den Kaffee ausgetrunken habe.
In meinem Arbeitszimmer frage ich mich morgens oft wohin ich schauen kann ohne mit dem Blick über eine längst fällige Arbeit zu streifen. Bis vor drei oder vier Jahren habe ich noch einzelne Texte angelesen und dann mit einer neuen kleinen Idee wieder auf den Stapel der Ideenleichen zurückgelegt. Dies natürlich in der Hoffnung der Stapel, das Projekt, die Projekte drum herum würden sich beruhigen, anerkennend, weil ich mich doch um sie gekümmert hatte. Mittlerweile habe ich verschiedene Bereiche oder Lagerplätze in denen Sachen liegen an die ich mich nicht einmal mehr erinnern kann. Kürzlich hatte ich eine Notiz in den Fingern auf der ich einen Plot für einen Kriminalroman ausgearbeitet hatte. Er war sehr konkret, und detailliert, mit dramaturgischem Aufbau und allem. Ich fragte mich wer mir diese Notiz gegeben hatte. Bis mir dann allmählich dämmerte, sie selbst geschrieben zu haben, irgendwann Abends nachdem ich vom Joggen heim kam. Ich legte sie zurück in der Hoffnung sie irgendwann zwischendrin weiter zu bearbeiten.
Die zwei Stunden des Morgens laufen langsam aus. Meine Aktionen werden konkreter. Ich habe schon einige Rechnungen abgeheftet die ich irgendwann zwischendrin bezahlen muss. Die Steuererklärung habe ich für heute wieder ganz oben auf den Stapel gelegt. Sie wird hoffentlich unter die zu öffnende Post darin versickern. Ich lege mir einen ehr vagen Plan für den Tag zurecht und erfreue mich der trügerischen Euphorie einiges davon zu erledigen. Ein bekannter Manager soll einmal gesagt haben, man solle jeden Tag eine Sache zum Abschluss bringen. Wenn man das ernsthaft versucht merkt man erst wie schwierig das ist. Dann bringe ich die Kaffeetasse in die Küche zurück. Als ich vor dem Abwasch stehe fällt mir ein, dass heute ein Feiertag ist.
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